14. Dezember 2017, 13:05 Uhr
Seit Jahrzehnten mischt sich Klaus Staeck mit seinen satirischen Plakaten in die politischen Debatten ein. Weil er in der DDR aufwuchs, hat er die Freiheit der Kunst und die freie Meinungsäußerung schätzen gelernt. Der überzeugte Sozialdemokrat hat aber auch eine klare Haltung dazu, wo Satire aufhört und bösartige Verletzungen anfangen.
Klaus Staeck
Geboren 1938, verbrachte Klaus Staeck in den Fünfziger Jahren seine Jugend in Bitterfeld. Dort habe er gelernt, gegen den gesellschaftlichen Mainstream zu leben und zu überleben, erinnert sich der heute 79-Jährige.
Ich gehörte nicht zu den Proletarier-Kindern, auch nicht zu den Intelligenzer-Kindern. Sondern meine Mutter hatte so ein Kunstgewerbe-Geschäft und dadurch gehörte ich zum Mittelstand.
Den Mittelstandskindern gestand die DDR nur eine bestimmte Anzahl Studienplätze zu. Doch Klaus Staecks politische Beurteilung war verheerend, an ein Studium in der DDR war nicht zu denken. 1956 brach er, der als Erster in seiner Familie Abitur gemacht hatte, mit dem System. Mit 18 Jahren ließ er seine Familie hinter sich, reiste nach Heidelberg in den Westen, wo er als ausgewiesener "politischer Flüchtling" aufgenommen wurde.
Wir waren nicht willkommen, weil wir so viele waren. Die Hälfte meiner Klasse ist geflüchtet. Das war keine angenehme Zeit, weil ich sehr oft gehört habe 'Was wollt ihr denn alle hier?'
Aber: "Jemand, der die Unfreiheit mal erlebt hat, lernt die Freiheit ganz anders schätzen", sagt Staeck. Er blieb und fing ein Jura-Studium an, obwohl er eigentlich den Plan hatte, sich währenddessen in der Kunst auszuprobieren. Und obwohl die Kunst sein Leben bestimmte, zog Klaus Staeck das Studium bis zur Zulassung als Rechtsanwalt durch.
Klaus Staeck vor einer Auswahl seiner politischen Plakate
Zeit seines Lebens konnte er Ungerechtigkeiten nur ganz schwer ertragen. Mit Mitte 20 suchte Klaus Staeck eine politische Heimat. Er trat der SPD bei – seit 53 Jahren ist er der Partei treu und kritisch ergeben. Sein satirisches Plakat "Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen" wurde eines seiner bekanntesten Werke, für die SPD hat er jedoch nie direkt gearbeitet. Stets blieb er unabhängig und vertrieb seine Plakatkunst selbständig.
Das ist die härteste Konrolle. Was kostenlos verteilen? Das nehmen die Leute mit. Aber wenn sie bloß 10 Cent dafür ausgeben sollen, ist das eine Entscheidung.
Seine Haltung zur Satire ist klar: Satire darf alles, aber in verantwortungsvoller Weise. Satire, sagt Staeck, ist kein Freibrief für Denunziation, für Niedertracht oder bösartige Unterstellung. Staeck, der langjährige Präsident der Akademie der Künste, will niemanden mit seiner Kunst verletzen und kritisiert die Verrohung unter den Menschen.
Über allem schwebt für mich der Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Und schon als Jurist gilt für mich: "Auch der Gegner hat eine Würde."
Moderation: Martin Busch
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 14. Dezember 2017, 13:05 Uhr
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