2. September 2017, 11:05 Uhr
Eine entspannte Stunde war Charly Hübner von West-Hamburg über die Autobahn nach Bremen gebraust – um 10 Uhr wurde er dann überschwänglich im Theater empfangen. Der Applaus rührte unseren Sommergast so an, dass er sich fühlte, als würde er "nackt 50 Zentimeter über dem Kopfsteinpflaster laufen". Schließlich schwebte er mit den Gästen von Anekdote zu Anekdote.
Viel zu schnell war die Sendung mit Charly Hübner vorbei.
Die ganze Sendung zum Anhören:
Schauspieler Charly Hübner, [48:47]
Nachbericht: Schauspieler Charly Hübner, [3:18]
Beim Publikum hat er offensichtlich durch seine Schauspielerei längst gepunktet: Großer Applaus brandete auf, als Moderatorin Katrin Krämer Schauspieler Charly Hübner vorstellte. Gepunktet hatte er aber auch schon mal bei einer Behörde – und die Geschichte über die Autofahrt, bei der unser Sommergast viermal geblitzt wurde, war der Anfang für eine Stunde voller Gelächter.
Viermal auf einer Fahrt geblitzt
Januar 2011 war es gewesen. "Da durfte man noch 17 Punkte sammeln in Flensburg", erzählte Hübner. Auf der A 24 ging es von Hamburg nach Berlin – eine Baustelle folgte der anderen. In die erste fuhr er "mit 140 rein", schaltete dann runter "und ein Landkreis später" kam die nächste Baustelle: "Flutsch, die gleiche Nummer." Auch in Brandenburg gibt es viele Landkreise und "am Ende waren es drei oder vier Blitzer an einem Vormittag auf einer Autofahrt – und dann lernte ich das Punktesystem der BRD kennen."
So sammelte Charly Hübner fast 17 Punkte auf einer Fahrt, [1:24]
Karl Schmidt lebt!?
Er lacht viel, Charly Hübner. Selbst wenn er über Karl Schmidt spricht, einen Mann voller Traurigkeit. Schmidt ist Hübners neue Rolle in dem Film "Magical Mystery", die Fortsetzung von Sven Regeners Herr Lehmann. Fast eineinhalb Jahre vor Drehbeginn habe er das Buch gelesen und auch das Hörbuch gehört. Und im Laufe der Dreharbeiten sei schließlich etwas passiert.
Karl Schmidt ist für mich gar keine Rolle. Dieser Karl Schmidt berührt mich so sehr. In mir, das Wesen, geht davon aus, dass dieser Mensch wirklich lebt, irgendwo in Ost-Berlin in der Nähe der alten Mauer. Und ich würde gerne mal seine Nummer haben und sagen: 'Melde Dich!'
Charly Hübner über die Geschichte von Karl Schmidt in "Magical Mystery", [2:12]
So lebendig Hübner über Karl Schmidt erzählt, so emotional wirkt der Schauspieler insgesamt. Mitten in der Geschichte bedankt er sich beim Publikum.
Ich will mich bei der Gelegenheit extrem für den überwältigenden Empfang bedanken. Ich bin gerade so, als würde man 50 Zentimeter nackt über Kopfsteinpflaster laufen.
Warum Charly Hübner "nackt über Kopfsteinpflaster ...", [1:01]
Diese Stimmung hielt Hübner bis zum Ende und schwebte mit den Gästen gemeinsam von Geschichte zu Geschichte.
Als Nina Hagen Charly Hübner fast ums Leben brachte
Hübner wuchs an der mecklenburgischen Seenplatte auf. Sein Vater betrieb ein Hotel mit dem Namen "Hullerbusch". "Das war unser Alltag", so Hübner. "Entweder haben wir gleich im Hotel gepennt, oder wir sind morgens hingefahren und haben den ganzen Tag dort rumgetobt."
Er erinnere sich an viele Geschichten aus der Zeit. Seinem Vater war die Hotelleitung als junger Mann angeboten worden. Es lag im Wald, "wo man die Künstler und Intellektuellen aus Berlin versammeln konnte – das sage ich auch polemisch, weil man da alle Systemgegner auf einem Haufen hatte". In der Hauptsaison habe der Vater Partys organisiert, in der selbstgebauten Bar hätten unter anderem Wolf Biermann und Schriftstellerin Christa Wolf gute Zeiten verbracht.
Auch Musikerin Nina Hagen sei dort zu Besuch gewesen. Die soll ihn einmal einen Hang runtergeschubst haben – was er allerdings nur aus Erzählungen weiß.
Und am Ende des Hangs war ein sehr, sehr tiefer See, ich war eineinhalb Jahre alt – ich hätte da schon abnippeln können.
Mauerfall verpasst
1989 im November. Zum 11. 11. wollten die Jugendlichen die Alten überraschen. "Wir haben selbstironische Verse verfasst, die auch auf die Zustände gemünzt waren." Generalprobe sei am 9. November gewesen, dem Tag des Mauerfalls. Die Probe lief so gut, erinnert sich Hübner, dass der Wirt in der Kneipe eine Lokalrunde ausgab. Der erst 16-Jährige kam schließlich gegen 2 Uhr ins Bett, vier Stunden später fuhr er mit dem Zug zur Schule.
Und dann sitzen mir gegenüber zwei stadtbekannte Trinker. Und dann sagt der eine: 'Sage mal Alter, wann fährst du mal nach West-Berlin rüber.' Und dann sagt der andere: 'Jo, wenn das nächste Sozialgeld da ist, fahr' ich rüber und gucke ich mir mal den Westen an. Und man denkt so: 'Mein Kopf ist weg, aber die beiden sind immer noch hacke.'
Erst als er in der fast leeren Schule ankam, stellte Hübner fest, dass in der Nacht die Mauer gefallen war.
In Bremen präsentierte sich Charly Hübner dagegen hellwach, aufmerksam und mit viel Humor. Übrigens: Er spielte einen Charakter in seiner Laufbahn, den er niemals treffen möchte. Wen? Das hört man sich am besten selbst an.
Dieses Thema im Programm: Nordwestradio, 2. September 2017, 11:05 Uhr
Veranstaltungszeit/Sendezeit
Veranstaltungszeit:
Sa., 11 – 13 Uhr
Der Eintritt ist frei.
Sendezeit:
Sa., 11:05 – 12 Uhr
Info: Theater am Goetheplatz
Theater am Goetheplatz
Rangfoyer
Goetheplatz 3-5
28203 Bremen
Info: Horst-Janssen-Museum
Café Farbwechsel im
Horst-Janssen-Museum
Am Stadtmuseum 4-8
26121 Oldenburg
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