Zeitenwende – Zurück zum Kalten Krieg?

Zwei junge Journalistinnen und ein Journalist aus Bremen, Bayern und Hessen machen sich auf eine Reise durch Deutschland und suchen in der Geschichte nach Antworten. Für diesen Film treffen sie Zeitzeugen an Originalschauplätzen des Kalten Krieges und befragen auch ihre Angehörigen, die die Zeit des Wettrüstens selbst erlebt haben. Radio-Bremen-Journalistin Sophie Labitzke spricht mit einer ehemaligen DDR-Friedensaktivistin

Collage aus Atompilz, Rakete, Soldatin und Friedenstaube
Bild: ARD

Sie sind nach dem Ende des Kalten Kriegs geboren und kennen das "Gleichgewicht des Schreckens" nur vom Hörensagen. Die Sorge über einen Krieg mitten in Europa ist für junge Menschen sprunghaft an die erste Stelle der Zukunftsängste getreten. Ein globaler, vielleicht sogar nuklearer Krieg war für sie nicht vorstellbar. Dieser Generation wird jetzt eine "Zeitenwende" verkündet – was heißt das für sie?

Ein Film von Christian Gropper, Julia Grantner (BR), Sophie Labitzke (Radio Bremen), Danijel Stanic (HR).

Gespräch mit einer ehemaligen DDR-Friedensaktivistin

Sophie Labitzke und General AD Hans-Lothar Domröse
Die Bremer Journalistin Sophie Labitzke spricht mit Zeitzeuge General AD Hans-Lothar Domröse in Berlin Bild: Radio Bremen

Sophie Labitzke kam nach der Wiedervereinigung in Brandenburg auf die Welt und lebt heute als Journalistin in Bremen. Sie besucht Dorothea Fischer, eine ehemalige Friedensaktivistin, die in den achtziger Jahren in die Bundesrepublik abgeschoben wurde, weil sie mit ein paar Freunden eine Schweigeminute für den Frieden halten wollte. Dass es in der DDR überhaupt eine Friedensbewegung gab, erfährt sie erst jetzt, ihre Eltern hatten nie mit ihr darüber gesprochen. Sie hatte aber auch nie gefragt, ein Leben im Frieden war für sie trotz der vielen Konflikte in Afghanistan, dem ehemaligen Jugoslawien, Georgien oder auf der Krim einfach selbstverständlich.

Besuch bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall

Julia Grantner kommt aus Bayern. Kann die junge Mutter ihre pazifistische Grundüberzeugung noch beibehalten oder ist der drastisch gestiegene Wehretat die notwendige Antwort auf den Ukrainekrieg? Bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall erfährt Julia, dass es für die jungen Soldat:innen mehr denn je um die Verteidigung unserer Freiheit geht. Selbst Begriffe wie Töten und Sterben sind schon lange kein Tabu mehr.

Flucht vor serbischen Bombenangriffen aus Bosnien

Danijel Stanic aus Frankfurt weiß als einziger der drei, was Krieg bedeutet. Als Fünfjähriger ist er mit seinen Eltern vor den serbischen Bombenangriffen aus Bosnien geflohen und hat in Deutschland eine Zuflucht gefunden. Zum ersten Mal reist er jetzt auf den Spuren seiner Kindheit nach Srebrenica, wo serbische Milizen im Juli 1995 mehr als 8000 bosniakische Männer ermordet hatten. Für Kada Hotic, die Danijel am Grab ihres ermordeten Mannes trifft, trägt bis heute die internationale Gemeinschaft eine Hauptschuld an diesem Massaker.

Aber war die Bombardierung Serbiens dann die richtige Schlussfolgerung? Das wollen Julia und Sophie von Marie-Luise Beck wissen, einst glühende Friedensaktivistin, die heute ebenso leidenschaftlich eine Verteidigung der Ukraine fordert. Für Danijel, Julia und Sophie wird es schwer, nach dieser Reise die Zeit ihrer Jugend als unbeschwerte Zeit des Friedens in Erinnerung zu behalten.

Das Roadmovie in die Vergangenheit, in eine Geschichte von Krieg und Frieden in Europa entstand in Zusammenarbeit von hr, Radio Bremen und BR unter der Regie von Christian Gropper.