Ein Kleingarten ist bei Weitem nicht immer nur erbaulich und ertragreich. Es gibt auch Nachbarn, die sich einmischen, Gemüse, das nicht wachsen will und jede Menge vergeblicher Plackerei. Der Leipziger Autor Stefan Schwarz hat seine Kleingartenerfahrungen aufgeschrieben. Kerstin Burlage stellt das Buch vor.
Audio: Stefan Schwarz: Der kleine Gartenversager
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Es ist nicht einfach und dauer-idyllisch ist es ganz sicher nicht – eher etwas ernüchternd, was der Protagonist zu berichten hat. Dafür nah an der täglichen Realität auf Parzelle, wenn man dem "kleinen Gartenversager" glauben darf.
Hier kommt der Häcksler ins Spiel, mit dem man sich gegenseitigen Respekt erhäckseln kann. Denn war ich nicht eines sonnigen Nachmittags am Dösen, als der betagte Nachbar Panitzsch seine Hartholzzweige mit Schrillfaktor 1000 in den Häcksler drückte?
Natürlich hat Stefan Schwarz auch noch andere Projekte, als akustischen Kleinkrieg zu führen. Gemüse ziehen zum Beispiel.
Kohlrabi pflanzt er regelmäßig und gießt, jätet und düngt ihn gemeinsam mit seiner Frau – nur um dann regelmäßig harte Kugeln zu ernten, die in ihrer Konsistenz am ehesten Radiergummis ähneln.
Ein Drittel davon verschenken wir an Freunde mit Kindern im Wackelzahnalter. Überhaupt braucht man, wenn man einen unserer Kohlrabis gegessen hat, sich an diesem Tag nicht mehr die Zähne zu putzen. Die unversöhnliche Schroffheit unseres Kohlrabis reibt jeden Belag von den Zähnen.
Auch mit Schwarzwurzeln und Radieschen ist der Erfolg nicht größer, so dass die Frau des Protagonisten anfängt, Zucchini zu züchten:
Vier Wochen später haben wir fünf perfekte Zucchini-Jungpflanzen auf dem Fensterbrett. Fünf! Was wir nicht wissen: Fünf Zucchini-Pflanzen reichen für die Versorgung einer Kleinstadt.
Und so wuchern sie schließlich im Beet vor sich hin, bis sie – groß wie Gasflaschen – die Gartenwege versperren.
"Der kleine Gartenversager", das ist eine kurzweilige Satire, die auch schon mal Lachtränen in die Augen treiben kann, weil sie so treffend die Eigenheiten der deutschen Kleingarten-Kultur aufspießt – insbesondere der ostdeutschen. Da wird gegen Wühlmäuse, Buchsbaumzünsler und den "Gemeinen Zaunblättling" gekämpft, dass es eine Freude ist und amüsant geschildert, wie Multikulti im Parzellengebiet funktioniert. Oder auch nicht. Und bei aller Unterhaltung lernen Gartenfans auch noch was dazu.
Sprachgewandt, witzig, lakonisch – und dabei doch immer irgendwie liebevoll ackert sich der "kleine Gartenversager" durch’s Grüne. Dass er dabei hin und wieder zotig wird, ist eigentlich schade, weil überflüssig. Dafür ist der Text aber wunderbar augenzwinkernd illustriert von der Comic-Künstlerin Katharina Greve. Insgesamt also ein lohnenswertes Buch für gut geerdete Gartenfreunde, die wissen – oder wissen möchten, wie das Leben auf Parzelle so ist, im ewigen Wandel der Jahreszeiten:
Infos:
Stefan Schwarz: "Der kleine Gartenversager – Vom Glück und Scheitern im Grünen", mit Illustrationen von Katharina Greve, Aufbau Verlag, 175 Seiten, 18 Euro.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 1. Mai 2019, 12:50 Uhr
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