Kriegsbeginn 1939: Das war ein groß angelegtes, seit Jahren vorbereitetes und durchgeplantes Manöver, mit dem Europa zerstörungsreif gemacht werden sollte. Mit Original-Tönen aus dem Rundfunkarchiv erzählt Hans Sarkowicz die Geschichte eines perfiden Plans: dem Plan, einen Weltkrieg zu starten. Ein Hörbuch-Tipp von Florian Bänsch.
Audio: Hans Sarkowicz: Der geplante Krieg
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Im Sommer 1939 häuften sich die Berichte über brutale polnische Schläger an der deutschen Grenze zu einer bisher nicht dagewesenen Spitze.
Eine Rotte junger Polen überfiel die Kinder auf der Straße, prügelte sie und bespie sie. Auch in dem Verhör, dem sich die volksdeutschen Kinder auf der Polizeiwache unterziehen mussten, wurden sie mit Stockschlägen misshandelt, nur weil sie wahrheitsgemäß versicherten, von den Polen angegriffen worden zu sein.
Mit Original-Tönen aus dem Rundfunkarchiv erzählt Hans Sarkowicz die Geschichte eines perfiden Plans: Dem Plan, einen Weltkrieg zu starten. Den gemeinen Polen zum Schläger und Vergewaltiger zu machen war einer der letzten Propaganda-Schachzüge der Nationalsozialisten. Der "Völkische Beobachter" meldete am 1. September:
Etwa um 20 Uhr am Donnerstag wurde der Sender Gleiwitz durch einen polnischen Überfall besetzt. Die Polizei musste von der Waffe Gebrauch machen, wobei es auf Seiten der Eindringlinge Tote gegeben hat.
Es gab von Seiten Polens keinerlei Grenzüberschreitungen. Also schickte Goebbels SS-Männer in polnischen Uniformen nach Gleiwitz.
Und zwar wurde am Tage zuvor ein Oberschlesier verhaftet, Franciszek Honiok, der dann im Sender umgebracht wurde. Um einfach einen glaubwürdigen Beweis zu haben, dass tatsächlich Polen diesen Sender überfallen haben. Also eine sehr, sehr zynische Inszenierung.
Sarkowicz erzählt nicht aus der Perspektive der NS-Spitze, die händereibend und bartzwirbelnd an ihren Schreibtischen sitzt. Stattdessen macht er den "geplanten Krieg" zur Geschichte von Alfred Naujocks. Naujocks war ein SS-Schlägertyp, ein Nobody. Er war 1931 mehr aus einer Laune heraus denn aus politischer Überzeugung – er prügelte sich gerne mit Kommunisten – in die NSDAP eingetreten. Hitler scharte diese frühen Mitglieder gerne um sich. So wurde Naujocks, der Raufbold, der Opportunist, dem keine Aufgabe zu dreckig war, zu Hitlers Schattenmann für Geheimaufträge im Osten. Und zu dem Mann, der den Überfall auf den Sender Gleiwitz leitete.
Er war jemand, der in der Lage war, die Aufträge, die ihm erteilt worden sind, rücksichtslos umzusetzen. Nach Kriegsende hatte Joost gegenüber den Alliierten angegeben, dass Naujocks in der Lage wäre, falls notwendig seine eigene Mutter zu verkaufen.
So zeichnet Sarkowicz ein Bild von einem grundsätzlich fehlerhaften, stümperhaften und brüchigen Plan, ausgeführt von skrupellosen Amateuren wie Naujocks. Ein Plan,der nur deswegen perfekt aufging, weil es gelang, den Hass und die Angst der Menschen zu instrumentalisieren, die in der Masse jede noch so absurde Meldung und Wendung akzeptierten. Ein Standpfeiler dieses Plans war die Wiedereinführung der Wehrpflicht, und das kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Nicht einfach, das Volk darüber jubeln zu lassen. Aber natürlich gelang auch das.
Heute erhebe ich meine Stimme aber auch, weil ich gleichzeitig die Welt warnen will! Das Deutschland von heute, das Deutschland des Friedens, zu verwechseln mit dem Deutschland von einst, dem Deutschland des Pazifismus!
(Auszug aus der Heß-Rede)
Naujocks, der Mann, der den Zweiten Weltkrieg auslöste, entkam übrigens den Nürnberger Prozessen. Er verkaufte seine Geschichte an die Zeitungen, verdiente nach dem Krieg Geld mit dem Ausschleusen von NS-Verbrechern nach Südamerika und lebte bis zu seinem Tod 1966 weitestgehend unbehelligt in Hamburg. Die Frage, warum denn der Krieg passiert ist, beantwortet Sarkowicz in fünf Worten:
Weil Hitler es so wollte.
Das Hörbuch ist ein Zeugnis, eine Warnung, ein Gruselkabinett finsterer Macher, die mit einem ganzen Kontinent tödliche Spiele gespielt haben.
Infos:
"Der geplante Krieg – Wie Hitler Deutschland in den Zweiten Weltkrieg führte", Feature von Hans Sarkowicz, Der Hörverlag, 14,99 Euro
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 21. Juni 2019, 8:40 Uhr
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