Ein interaktives Spiel, das aus der gängigen Blockbuster-Form ausbricht – anspruchsvoll, aufwendig und mit einer interessanten Geschichte. "Everybody’s gone to the Rapture", heißt so viel wie "Alle Menschen sind in den Himmel gegangen". Was es damit auf sich hat, und warum "Himmel" hier vielleicht die falsche Übersetzung ist, das erzählt Florian Bänsch.
Audio: Everybody's Gone To the Rapture
Infos
In Yaughton, einem idyllischen kleinen Dorf in England, ist es still. Häuser, Straßen, Spielplätze – leer. Ausgestorben. Wer aber Yaughton genauer erkundet, wer genau hinsieht und hinhört, findet Echos dieser Menschen. Leuchtende, funkelnde Gestalten. Fast wie Geister. Geister aus Licht, die, wenn man näher herangeht, etwas erzählen. Momente aus den kleinen, unbedeutenden Leben der Bewohner Yaughtons. Alltägliche und intime Echos aus diesem englischen Dorf. Und, irgendwann, Echos von jenem Tag, an dem all diese Bewohner gleichzeitig umkamen. "Everybody’s gone to the Rapture" ist eine Geschichte vom Ende der Welt.
Irgendwas ist schief gelaufen hier. Irgendwas ist passiert. Dem Spieler wird kein Weg vorgegeben, es steht einem frei das gesamte Dorf zu erkunden, in Schrittgeschwindigkeit, an einem schönen Sommertag. Manchmal findet man neue Informationen, geht dem Mysterium auf den Grund, kommt der Wahrheit näher. Aber oft nicht. Und das ist okay. Es ist eine bedächtige, langsame Geschichte. Es geht nicht um die Antworten, und nicht um die Katastrophe. Es geht um das Wesen dieses Dorfes. Um das Leben von Kate Collins, ihrem Mann Stephen, dem Vater Jeremy, Oma Wendy und ihren Freunden, Kindern, Verwandten und Bekannten.
"Everybody’s gone to the Rapture" ist nicht, was man im Allgemeinen unter Videospiel versteht. Vielmehr handelt es sich dabei um eine aufwändige, interaktive Hörspielproduktion. In dieser wird der Hörer selbst in die Landschaft gesetzt, und muss den Charakteren selbst nachspüren. Begleitet wird man von der Orchestermusik der preisgekrönten Komponistin Jessica Curry, Grafikdesignern, Autoren und talentierten Sprechern. In der deutschen Version wurden sie nicht Deutsch gemacht, sondern Englisch belassen und untertitelt – die richtige Entscheidung.
Für "Rapture" gibt es keine gute deutsche Übersetzung. "Rapture" ist das Ende aller Tage, das Jüngste Gericht. Aber "Rapture" heißt auch: Verzückung, Rausch, Hingebung. Das Ende dieser Menschen, und der mysteriöse Grund dafür, ist manchmal schön, manchmal traurig, manchmal brutal, manchmal – unbedeutend. Undramatisch.
Vor allem Geschichten über undramatische Menschen brauchen talentierte Geschichtenerzähler. Und diesmal finden sich diese Erzähler nicht in der Bibliothek oder im Kino, sondern in der Games-Abteilung im Kaufhaus.
Infos:
"Everybody’s gone to the Rapture" von "The Chinese Room", für Microsoft Windows und Sony PlayStation 4, 19,99 Euro.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 11. April 2019, 13:40 Uhr.
Rubriken von A-Z
Titelsuche
Suchen Sie nach einem Titel oder Interpreten, den Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt bei uns auf Bremen Zwei gehört haben? Mehr...
Olga Tokarczuk
Blitzlichtgewitter, Interviews und jede Menge Glückwünsche: Der Herbst 2019 ist ziemlich an Olga Tokarczuk vorbeigerauscht. Kein Wunder – am 10. Dezember bekommt sie den Literaturnobelpreis. Mehr...
10. Dezember, 18:05 Uhr | Bremen Zwei
Meşale Tolu
Mehrere Monate saß die Journalistin Meşale Tolu als "Terroristin" zusammen mit ihrem damals zweieinhalb jährigen Sohn im Gefängnis. Ihre Geschichte erzählt sie im Freiraum-Podcast. Mehr...
11. Dezember, 21:05 Uhr | Bremen Zwei
Niels Frevert
Er ist ein Musiker, der sich Zeit beim Schreiben von Songs lässt und sein neues Album gemeinsam mit seiner Band in einem exklusiven Radiokonzert im Sendesaal vorstellte. Mehr...
14. Dezember, 22:05 Uhr | Bremen Zwei
Beiträge nachhören
Info & Service
Suche
Bremen Zwei durchsuchen: