"Le semeur" ist französisch und bedeutet "Der Sämann". So heißt ein Sozialdrama aus dem 19. Jahrhundert im Original, das jetzt in die Kinos kommt. Der an sich harmlose Titel bezieht sich allerdings nicht nur auf die landwirtschaftliche Tätigkeit des Säens. In "Das Mädchen, das lesen konnte", so der deutsche Titel, geht es um einen Mann allein unter Frauen. Und da bekommt der Begriff "Sämann" dann auch eine sexuelle Konnotation. Der Film ist weit entfernt davon, frivol oder anzüglich zu sein. Ein Film-Tipp von Jürgen Francke.
Filmszene aus "Das Mädchen, das lesen konnte"
1851 in einem entlegenen Bergdorf in den südfranzösischen Cevennen. Ein Trupp Soldaten von Kaiser Napoléon III. stürmt in die Häuser und nimmt alle Männer des Ortes mit. Sie gelten pauschal als Anhänger der 2. Republik und somit als Staatsfeinde. Und so gibt es plötzlich keinen einzigen Mann mehr im Ort. Die Frauen machen sich große Sorgen.
Wochen und Monate vergehen. Die Frauen bringen mehr schlecht als recht die Kornernte ein, backen Brot und richten sich auf den kommenden Winter ein. Um nicht auf sich aufmerksam zu machen, suchen sie nicht nach ihren Männern. Sie trauern, voller Schmerz und Verzweiflung. Aber das Leben, das Überleben, muss ohne Männer gemeistert werden. Und es gibt Überlegungen der jungen, unverheirateten Frauen. Was wäre, käme doch ein Wander-Hirte oder Handwerker des Weges?
Der Filmtitel "Das Mädchen, das lesen konnte" bezieht sich auf die etwa 18-jährige Violette, eine aufgeweckte, reflektierte junge Frau, die als Einzige mit Büchern etwas anfangen kann. Sie versucht, auch den Kindern des Dorfes Lesen beizubringen. Als dann eines Tages tatsächlich ein Kerl, er nennt sich Jean, wie aus dem Nichts auftaucht, ist sie es, die sich um ihn kümmern soll.
In ruhigen Bildern, bei der gemeinsamen Arbeit auf dem Feld, mit eindrucksvollen Landschaftsaufnahmen, beim Wäsche waschen am Bach oder der Essenszubereitung, erzählt der Film vom Alltag mit diesem fremden Mann, der sich als geschickter Arbeiter erweist. Und, es war zu erwarten, sich der nicht abgeneigten Violette nähert. Das geht eine Weile gut, doch dann melden die anderen jungen Frauen Ansprüche an.
"Das Mädchen, das lesen konnte" ist ein atmosphärisch dichter historischer Film, der die politische Lage in Frankreich nur als Hintergrund für ein etwas verklärtes Drama auf dem Lande benutzt, das die Geschlechterrollen recht modern interpretiert – ganz besonders die des weitgehend beherrschten, rücksichtsvollen Mannes. Aber dank der durchweg überzeugenden Darstellerleistungen und auch der soliden Kameraarbeit im früheren 4:3-Fernsehformat ist der Film sehenswert.
Das Mädchen, das lesen konnte, [3:45]
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 10. Januar 2019, 12:40 Uhr
Alle Kino-Tipps
Titelsuche
Suchen Sie nach einem Titel oder Interpreten, den Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt bei uns auf Bremen Zwei gehört haben? Mehr...
Christoph Heinzle
Was passiert, wenn Großbritannien am 31. Januar 2020 die EU verlässt? Ab April berichtet Christoph Heinzle darüber aus dem ARD-Studio London. Mehr...
16. Dezember, 18:05 Uhr | Bremen Zwei
Live-Übertragung aus der Bonner Oper: Beethoven 250
Am 16. Dezember beginnt in Bonn das offizielle Jubiläumsjahr anlässlich des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven. Bremen Zwei überträgt das Eröffnungskonzert zum Beethoven-Jubiläumsjahr ab 20:00 Uhr live aus der Bonner Oper. Mehr...
16. Dezember, 20:00 Uhr | Bremen Zwei
Der dunkle Kongress
Als H. P. Anliker, berühmter Kommissär Meiringen erreicht, ist Alva verschwunden und eine Reihe von grausigen Morden erschüttert die Idylle. Mehr...
17. Dezember, 21:05 Uhr | Bremen Zwei
Beiträge nachhören
Info & Service
Suche
Bremen Zwei durchsuchen: