In dem Sozialdrama von Nora Fingscheidt geht es um ein traumatisiertes Mädchen, um Hilfsangebote und Helfer, die anscheinend selbst Hilfe benötigen. Jürgen Francke stellt den Film vor.
Audio: Systemsprenger
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Bernadette, die alle nur Benni rufen, ist neun Jahre alt, blond und schmächtig. Sie lebt in einer Kinderwohngruppe. Das Mädchen wartet auf den Besuch der Mutter. Doch sie wird nicht kommen. Und wie wir später erfahren werden, aus einem unglaublichen Grund: Die unsichere und fahrige Mutter hat Angst. Vor ihrer eigenen Tochter. Ein paar Momente später sehen wir, warum. Die eben noch traurige Benni verwandelt sich beim Spielen mit den anderen Kindern – wie aus dem Nichts – in ein widersetzliches, energiegeladenes – und vor allem: äußerst aggressives junges Kind.
Der Betreuer und seine Kollegen kennen diese Verhaltensweisen zwar schon. Aber sie stehen immer wieder völlig hilflos vor den urplötzlichen gewalttätigen Ausbrüchen von Benni. Auch wenn sie so tun, als wären die Bobby-Cars, mit denen Benni um sich wirft, keine wirkliche Bedrohung.
Mit "Systemsprenger", so der Titel des Debütfilms von Regisseurin Nora Fingscheidt, werden Kinder genannt, die aufgrund ihres Verhaltens nicht in Hilfsmaßnahmen integriert werden können. Und Systemsprenger machen deutlich, wie hilflos Jugendämter, Schulen sowie Kinder- und Jugend-Psychiatrien solch bereits in sehr jungen Jahren traumatisierten Kindern gegenüber stehen. Alle Helfer geraten an ihre Grenzen.
Helena Zengel mit ihren erst elf Lebensjahren spielt dieses Mädchen, das mit seinen Wutausbrüchen alle zur Verzweiflung bringt, mit großer Überzeugungskraft. Bennis endlose Odyssee durch Wohngruppen, Pflegefamilien oder psychiatrische Notfallstationen kennt kein Ende. Die verzweifelt wirkenden Therapieansätze dagegen schon. Und auch ein kurzfristig anberaumter Drei-Wochen-Aufenthalt in einer Waldhütte ganz allein mit ihrem Schulbegleiter, einem Anti-Aggressionstrainer, hilft nur vorübergehend. Dann brechen sich unkontrollierte Strukturen wieder Bahn.
Regisseurin Fingscheidts Studie eines Teufelskreises ist beängstigend realistisch. Und das macht die Qualität dieses Films mit ihrer temporeich mitgehenden Kamera, aus. Dass ein kleiner Mensch, ausgestattet mit Ängsten, kindlichen Hoffnungen, aber auch unglaublich zerstörerischer Energie, eine reale Gefahr für die Umwelt darstellt, das ist erschreckend anzusehen. "Systemsprenger" öffnet die Augen – in vielerlei Hinsicht.
Im Interview: Regisseurin Nora Fingscheidt
Regisseurin
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 19. September 2019, 12:40 Uhr
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