26. Dezember 2018, 18:05 Uhr
Eine akustische Reise durch die Welt der berühmten Märchensammler und Sprachforscher Jacob und Wilhelm Grimm von Steinau an der Straße, dem Ort ihrer Kinheit, bis nach Kassel, wo die "Kinder- und Hausmärchen" entstanden sind.
Jacob und Wilhelm Grimm
Seit der Erstveröffentlichung zu Weihnachten des Jahres 1812 sind die "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm ein Bestseller, der längst weltweit das bekannteste und meistgelesene deutsche Buch ist. Dabei waren Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859) weit mehr als die gefeierten "Märchenonkel". Vielmehr zählen sie zu den Begründern der Germanistik und bahnbrechenden Erforschern der deutschen Sprachgeschichte. Dennoch sind ihre Namen untrennbar mit der berühmten Märchensammlung verbunden, die in ihrer hessischen Heimat entstanden ist.
Im Spätsommer 2018 machten der Fotograf Gerhard Kromschröder und der Schriftsteller Gerhard Henschel für einen Text-Bild-Band eine Fußwanderung auf den Spuren der Brüder Grimm von ihrer Geburtsstadt Hanau bis nach Kassel, dem Entstehungsort der "Kinder- und Hausmärchen". Feature-Autor Walter Weber hat sich auf ihre Spuren geheftet: In Steinau an der Straße, wo Jacob und Wilhelm Grimm aufgewachsen sind und wo heute ein Museum an die Brüder erinnert, und in Kassel, wo das Museum "Grimmwelt" tiefe Einblicke in ihre grandiose Sprach- und Märchenwelt eröffnet. In eine Welt, die auf immer mit den Märchen von Dornröschen, Schneewittchen, dem Froschkönig und den Bremer Stadtmusikanten verbunden ist. Deren Geschichte tauchte erstmals 1819 in einer Neufassung der Märchensammlung auf und wird in Bremen zum 200-jährigen Jubiläum 2019 mit zahlreichen Veranstaltungen gebührend gefeiert werden.
Die Brüder-Grimm-Tour - Eine Reise ins Märchenland, [1:46:36]
Die Sendung zum Nachhören
Sprecher: Holger Postler
Ton und Technik: Eva Garthe
Regie: Walter Weber
Redaktion: Michael Augustin
Produktion: Radio Bremen 2018
Das Buch zum Thema:
Steffen Martus: Die Brüder Grimm. Eine Biographie
Rowohlt Verlag; 608 Seiten; 26,90 Euro
Hänsel und Gretel
Geboren wurden die Grimms in Hanau, unweit von Frankfurt am Main. Jacob Grimm am 4. Januar 1785, Wilhelm Grimm am 24. Februar 1786. Urgroßvater und Großvater waren reformierte Geistliche, der Vater Friedrich Grimm Amtmann in Steinau an der Straße, wohin die Familie 1791 umzog.
In Hanau, am "Punkt Null" der Grimm-Story, starteten im Spätsommer 2018 der Fotograf Gerhard Kromschröder und der Schriftsteller Gerhard Henschel zu einer Fußwanderung auf den Spuren der Brüder Grimm für einen Text-Bild-Band. Die dritte gemeinsame Tour der beiden. Zuvor waren sie schon in der Lüneburger Heide auf Spurensuche unterwegs gewesen zu Arno Schmidt und Walter Kempowski. Im Weserbergland besuchten sie die Heimatgefilde von Wilhelm Busch. Diesmal stand also eine Erkundung von "Grimm-Land" auf dem Programm.
Das Brüder-Grimm-Denkmal in Hanau, [1:25]
Gerhard Kromschröder über Steinau an der Straße, [1:15]
Das ehemalige Amtsgebäude in Steinau an der Straße, in dem die Brüder Grimm aufwuchsen, ist seit 1998 ein Museum zu ihrem Leben und Werk. Das Haus ist die einzige Wohnstätte der Brüder, die noch original erhalten ist.
Tour durch das Brüder-Grimm-Haus in Steinau mit Maria Link, [14:52]
Brüder-Grimm-Haus Steinau
Brüder-Grimm-Haus in Steinau an der Straße
Nach dem Schulbesuch in Kassel studieren Jacob und Wilhelm Grimm Rechtswissenschaften in Marburg. Wichtig für ihren weiteren Werdegang wird dort ihr Hochschullehrer Friedrich Carl von Savigny, durch den sie mit den Werken von Goethe, Schiller und den Romantikern vertraut werden. In Marburg beginnt auch ihr Interesse an der Erforschung von Märchen, Sagen und Mythen.
Heute führt von Steinau über Marburg nach Kassel und von da bis nach Bremen die so genannte "Deutsche Märchenstraße". Eine Erfindung der cleveren Tourismusindustrie, die an zahlreichen Orten die Märchen der Grimms gewinnträchtig vermarktet. Die beiden Wanderer Gerhard Henschel und Gerhard Kromschröder haben natürlich auf ihrer Wanderung auch ihre Wege gekreuzt.
Gerhard Henschel und Gerhard Kromschröder über die Deutsche Märchenstraße, [3:32]
Im Jahr 1805 geht Jacob Grimm, der inzwischen auch Erfahrungen als Diplomat in Paris gesammelt hat, wieder nach Kassel, wo sich 1807 ein grundlegender politischer Wandel vollzieht. Im Zuge der Okkupation Deutschlands durch Napoleon wird aus dem Kurfürstentum Hessen, dem Herzogtum Braunschweig und Teilen Preußens das so genannte "Königreich Westfalen", das von Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte regiert wird. Jacob avanciert zu seinem Bibliothekar. Eine Stellung, die er nach dem Ende der französischen Herrschaft 1813 im wiederhergestellten Kurfürstentum Hessen verliert. Er tritt abermals in den diplomatischen Dienst, diesmal als Legationssekretär beim Wiener Kongress und wird 1816 wieder Bibliothekar in Kassel. Wilhelm Grimm ist dort bereits 1814 als Bibliothekssekretär angestellt.
In Kassel knüpfen die Brüder zahlreiche Kontakte zu anderen Intellektuellen wie Clemens Brentano und Achim von Arnim, an deren Märchen- und Sagen-Anthologie "Des Knaben Wunderhorn" sie mitarbeiten. In der Kasseler Periode entsteht neben Sagensammlungen sowie sprachhistorischen und rechtswissenschaftlichen Arbeiten das Werk, das die Brüder weltberühmt machen wird: Die Sammlung der "Kinder- und Hausmärchen". Pünktlich zu Weihnachten des Jahres 1812 kam es auf den Gabentisch, das weltweit erfolgreichste deutsche Buch aller Zeiten, um dessen Entstehung sich bis heute zahlreiche Mythen ranken.
Die Paulskirche in Frankfurt am Main
Entgegen einer verbreiteten Meinung waren Jacob und Wilhelm Grimm keine Bewohner eines intellektuellen Elfenbeinturms. Die oft beschwerliche Realität der Alltagsbewältigung war ihnen ebenso wohlvertraut wie die Kapriolen und Wechselfälle des gesellschaftlichen und politischen Lebens. Jacob Grimm nimmt 1848 sogar als Delegierter an der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche teil, die vergeblich versuchte, das damals zersplitterte Deutschland in einen einheitlichen Rechtsstaat zu verwandeln.
1830 übersiedeln Jacob und Wilhelm Grimm gemeinsam nach Göttingen, erhalten dort Professuren und eröffnen eine neue produktive Phase ihrer brüderlichen Zusammenarbeit. Aber bereits 1837 werden beide wieder ihrer Ämter enthoben wegen der Unterzeichnung des Protests der so genannten "Göttinger Sieben".
Grab der Brüder Grimm auf dem Alten Sankt-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg
Die letzte Lebensstation der Brüder Grimm ist Berlin. 1841 beruft sie der preußische König Friedrich Wilhelm IV. Sie werden Mitglieder der Preußischen Akademie der Wissenschaft und Professoren an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität. Ihre letzte Lebensphase steht ganz im Zeichen ihres Opus Magnum: Des monumentalen "Deutschen Wörterbuchs", mit dessen Erarbeitung sie bis zu ihrem Lebensende beschäftigt bleiben werden, ohne es selbst jemals vollenden zu können.
Für die Wanderer Gerhard Henschel und Gerhard Kromschröder war Kassel die Endstation ihrer Brüder-Grimm-Tour. Nach mehreren hundert Kilometern Fußwanderung erreicht sie den Ort, der für die "Märchenwelt" der Grimms eine entscheidende Rolle gespielt hat und wo heute das Museum "Grimmwelt" ihr Leben und Werk dokumentiert.
Gerhard Henschel und Gerhard Kromschröder über Kassel und die Grimmwelt, [1:20]
Museum Grimmwelt in Kassel
Wilhelm Grimm starb am 16. Dezember 1859, sein Bruder Jacob folgte ihm am 20. September 1863. Gemeinsam liegen sie auf dem Alten Sankt-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Die letzte Ruhestätte eines illustren Brüderpaars, dessen Werk in die Weltliteratur eingegangen ist und für immer unvergesslich bleiben wird.
Das eindrucksvollste "Denkmal" wurde ihnen in Kassel gesetzt. Im Jahr 2015 wurde dort auf dem oberen Weinberg das Museum "Grimmwelt" eröffnet. Ein Ausstellungsgebäude, das mit modernster Technik und spektakulären Erlebnisräumen den Besuchern die Grimms und ihr Schaffen auf einmalige Weise nahebringt. Gehen wir mit Susanne Völker, der Leiterin des Hauses, auf Tour durch den Kosmos der Brüder Grimm.
Tour durch das Kasseler Museum "Grimmwelt" mit Susanne Völker, [15:58]
Museum Grimmwelt in Kassel
Denkmal der Bremer Stadtmusikanten in Bremen
Ein Märchen der Brüder Grimm, das 1819 in der zweiten Fassung der Sammlung erstmals abdruckt wurde, ragt unter den anderen heraus: Die Bremer Stadtmusikanten. Denn im Unterschied zu den anderen ist es für immer mit dem Namen einer ganz bestimmten Stadt verbunden. Und – dieses Märchen hat eine schier unendlich lange Überlieferungsgeschichte – wie der Nestor der deutschen Brüder-Grimm-Forschung Heinz Röllecke zu erzählen weiß.
Heinz Röllecke über die Bremer Stadtmusikanten, [3:16]
Im Jahr 2019 wird sich die Stadt Bremen – anlässlich der 200-jährigen Publikationsgeschichte – ausgiebig dem Märchen und seinen vielfältigen Aspekten widmen: mit einer Ausstellung in der Bremer Kunsthalle und diversen öffentlichen Festivitäten. Zumal man mit dem Denkmal des Bildhauers Gerhard Marcks am Rathaus ein in aller Welt bekanntes Monument sein Eigen nennt. Bremen-Zwei-Autor Jens Schellhass hat sich in Bremen umgesehen und umgehört nach den Spuren der Bremer Stadtmusikanten in Vergangenheit und Gegenwart.
Die Bremer Stadtmuskanten, [10:00]
Bremer Stadtmuskantensommer 2019
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 26. Dezember 2018, 18:00 Uhr
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Info: Feature
Geschichten, die man vor der Haustür findet oder auf anderen Kontinenten - der Stoff des Features ist grenzenlos, und alle Aspekte des Lebens können hier Eingang finden. Aufwendig produziert, kulinarisch gemacht.
Sendezeit (14-tägig):
Sa., 18:05 - 19 Uhr
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