29. Januar 2019, 18:05 Uhr
Mit 47 Geflüchteten an Bord ankerte die "Sea-Watch 3" knapp zwei Wochen lang vor der italienischen Küste. Trotz Sturms ließ Italien das Schiff der deutschen Hilfsorganisation nicht in einen sicheren Hafen einlaufen. Inzwischen hat die Organisation den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeschaltet. Italiens Innenminister Salvini bleibt bislang hart. Erst über Weihnachten und Neujahr war das Schiff mit 32 geflüchteten Menschen in derselben Situation. Mit dabei war Schiffsbetriebstechniker Sören Moje aus Oldenburg.
Sören Moje
Über den Jahreswechsel kreuzte die "Sea-Watch 3" auf dem Wasser vor der maltesischen Küste, weil Malta und Italien ablehnten, das Schiff an Land zu lassen. Während andere Silvester feierten, harrte auch Schiffsbetriebstechniker Sören Moje an Bord aus. Seit 2017 engagiert er sich als ehrenamtlicher Seenotretter im Mittelmeer. Im Seenotfall, wenn sich das Schiff möglichst schnell in Richtung eines manövrierunfähigen Flüchtlingsbootes bewegt, wird Sören Moje unter Deck bei den Maschinen gebraucht.
Ich habe ein paar Geschichten am Rande mitbekommen, zum Beispiel die Geschichte von einem Geflüchteten, der das neunte Mal bereits auf so einem Boot gestiegen ist und acht Mal davon wurde er wieder zurückverschleppt in die Lager von der sogenannten libyschen Küstenwache.
Sören Moje
In Libyen droht den gescheiterten Flüchtlingen oft Lagerhaft, Folter und Erpressung. Die Ungewissheit, wann und wo man in einen Hafen einlaufen kann, sei daher das Schlimmste gewesen. Nach zwei Wochen wurden alle zunehmend nervös, die Lage angespannter, berichtet Sören Moje. Zwei Stürme und kabbelige See machten die Lage nicht besser. Am 4. Januar durfte ein Versorgungsboot Nachschub an Wasser und Lebensmitteln bringen und auch Sören Moje wurde im Rahmen eines Crew-Wechsels von Bord geholt.
Das war nicht einfach für uns alle. Da sind auch ein paar Tränen geflossen.
Sören Moje
Erst nach 19 Tagen, am 9. Januar 2019, endete die Odysee der "Sea-Watch 3". Am Ende durften die Menschen in Malta an Land gehen. Das Schiff durfte zwar weiterhin nicht anlegen, die Menschen aber wurden ausgeschifft.
Die Frustration und die Wut auf die Verantwortlichen in der EU und den entsprechenden Staaten, und auch auf unseren Innenminister Seehofer, ist natürlich groß. Es kann nicht sein, dass auf dem Rücken dieser Menschen Politik betrieben wird oder auch nicht betrieben wird und wochenlang über 32 Menschen verhandelt wird.
Sören Moje
Die "Sea Watch 3" ist ein ehemaliges Versorgsungsschiff für Offshore-Anlagen.
Inzwischen gibt es nur noch wenige Schiffe zur Seenotrettung im Mittelmeer, die von Nichtregierungsorganisationen mit Ehrenamtlichen betrieben werden. Sören Moje beklagt die Repressionen und die Kriminalisierung der Organisationen. "Es sind alles Menschen, die dort sind, die Schlimmstes erlebt haben", sagt er.
Was wir da tun, ist eigentlich eine staatliche Aufgabe – Menschen zu retten und nicht ertrinken zu lassen.
Sören Moje
Sören Moje kommt aus einer traditionsreichen Seefahrerfamilie. Großvater und Vater waren Kapitäne und auch der Bruder fährt zur See. So führte auch Mojes beruflicher Weg zur "Staatlichen Seefahrtsschule" in Cuxhaven. Als Maschinist ist Sören Moje zu Beginn seiner Laufbahn auf Containerschiffen und Offshore-Versorgungsschiffen gefahren und hat als Industriekletterer in Windparks gearbeitet, bevor er auf der "Sea-Watch 3" anheuerte. Seine Expertise wurde händeringend gesucht und Ende Februar wird Moje zur Werft-Zeit wieder auf die "Sea-Watch 3" zurückkehren.
In der "Gesprächszeit" erzählt der Norddeutsche von seiner ersten Begegnung mit der libyschen Küstenwache und die Geschichte, wie er Berühmtheit in der italienischen Öffentlichkeit erlangte, indem Innenminister Salvini ein Foto von ihm twitterte.
Das Gespräch zum Anhören:
"Was wir da tun, ist staatliche Aufgabe" – "Sea-Watch 3"-Techniker Sören Moje, [37:33]
Moderation: Kristin Hunfeld
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, 29. Januar 2019, 18:05 Uhr
Filmregisseur Markus Imhoof
Architekt Van Bo Le-Mentzel
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Info: Gesprächszeit
Ob Promis, Politiker oder Menschen von nebenan: In der Gesprächszeit lernen Sie Menschen kennen. Denn die Interviews sind intensiv, ehrlich und nah.
Sendezeit:
Mo. - Fr., 18:05 - 19 Uhr
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